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Am 29. September 2005 meldete die MÄRKISCHE ODERZEITUNG:

"Strassenbahn ist kein Gnadenbeweis"

Wollen die Frankfurter eine Straßenbahn über die Oder oder nicht? Der Slubicer Bürgermeister Ryszard Bodziacki machte gestern gegenüber der MOZ seinem Ärger über den Verlauf der Diskussion Luft.

"Ich sage es Ihnen einmal ohne jede Umschreibung: Die Straßenbahnlinie nach Frankfurt ist für uns nicht der Nabel der Welt. Wir sehen in dem Projekt auch keinen Gnadenbeweis der deutschen Seite. Es geht doch vielmehr darum, aus Frankfurt und Slubice eine gemeinsame europäische Stadt zu entwickeln." Der Slubicer Bürgermeister Ryszard Bodziacki macht aus seinem Herz wirklich keine Mördergrube, wenn man ihn nach seine Meinung zu der Diskussion über das Vorhaben befragt.

Das Hin und Her der Frankfurter Rathauspolitiker und Stadtverordneten zu dem Thema ist aus Sicht der Nachbarn nur schwer nachvollziehbar. "Es waren doch die Frankfurter, die uns die Straßenbahn vorgeschlagen haben", erinnert der stellvertretende Bürgermeister Edward Chojka, der die meisten Gespräche zu dem Thema geführt hat. "Später wurden zwei unabhängige Gutachten angefertigt, die bestätigten, dass es in beiden Städten ein Interesse daran gibt. Wir haben auch klar gesagt, dass wir den polnischen Anteil an den Bau- und Betriebskosten übernehmen werden. Schließlich stimmten ja auch die Frankfurter Stadtverordneten dem Projekt zu. Warum soll es jetzt nochmal eine Abstimmung dazu geben, die alles wieder in Frage stellt", fragt Chojka.

Bodziacki wird noch grundsätzlicher: "Wir dachten, das wird ein modernes Projekt. Die erste grenzüberschreitende Straßenbahn zwischen den alten und den neuen EU-Ländern, von der neben dem rein praktischen Effekt auch eine symbolische Wirkung ausgeht. Anstatt zu überlegen, wie man dieses Vorhaben so umsetzt, dass es für die Gestaltung der Brücke und beider Städte einen architektonischen Effekt bringt, werden jetzt von einigen Frankfurtern kleinliche Rechnungen aufgestellt."

Es sei den Slubicern klar, so der Bürgermeister weiter, dass jeglicher Öffentlicher Personennahverkehr staatliche Subventionen braucht. "Aber wir sind bereit, unseren Anteil daran zu zahlen. Unter anderem auch deshalb, damit die Slubicer den Bahnhof in Frankfurt erreichen können, von dem die Fernzüge abfahren."

Die Überlegung, zunächst eine Buslinie einzurichten, überzeugt die Slubicer Stadtpolitiker dagegen nicht. Sie räumen ein, dass dann Widerstand von den Taxifahrern käme, die an der Stadtbrücke auf deutsche Kunden warten. "Aber das ist gar nicht der entscheidende Punkt", so Bodziacki weiter. "Wenn wir einen Bus nach Frankfurt einrichten wollten, dann könnten wir das auch selber tun. So ein polnischer Bus wäre sogar billiger als ein deutscher." Es ginge aber um die Zusammenarbeit der Städte. Er selbst frage sich in letzter Zeit, ob der Wille dazu in Frankfurt noch vorhanden sei, so Bodziacki. "Auch das Oderfest, das wir über ein Jahrzehnt gemeinsam gefeiert haben, haben die Frankfurter ja einfach in ‚Bunter Hering‘ umbenannt. Wenn man aber erwartet, dass wir uns immer nach den Frankfurtern zu richten hätten, dann irrt man sich."

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